Mehr Reichweite, weniger Aufwand: Das Geheimnis effizienter Videoproduktion
Wie viele Ressourcen braucht man, um Videos für YouTube zu produzieren? Weniger, als du vielleicht denkst. YouTube-Videos lassen sich oft mit wenig Mehraufwand produzieren und für diverse Kanäle individuell anpassen. Voraussetzung ist eine gute Multi-Channel-Planung. Wie die geht, erkläre ich dir hier.
Videoproduktion ist zeitaufwendig und erfordert visuelle Fähigkeiten. Viele Organisationen trauen sich deshalb nicht an YouTube heran. Durch einfache Änderungen der Produktion kann man bessere Inhalte für YouTube erstellen. Dies ist ein erster Schritt, dem weitere folgen können, zum Beispiel eigene Formate für YouTube.
Organisationen nutzen diverse Social-Media-Kanäle wie Instagram, Facebook, LinkedIn und YouTube. Die Formate und das Nutzungsverhalten unterscheiden sich stark: Instagram Reels sind hochkant (9:16), YouTube-Videos horizontal (16:9). Auf Instagram wird der Ton seltener aktiviert, und Videos werden kürzer angeschaut als auf YouTube. Was tun bei so vielen Unterschieden? Du kannst entweder ein Format auf allen Plattformen hochladen oder gezielt für einen Kanal produzieren. In beiden Fällen vernachlässigst du alle, bis auf einen Kanal. Auf YouTube findet man viele Hochkantvideos (oft noch ohne Thumbnail), die eigentlich für Instagram produziert wurden. Mit guter Planung kannst du aus demselben Material mehrere Videovarianten erstellen und diese für jeden Kanal optimal anpassen.
Schritt 1: Planung
Beginne mit einer klaren Struktur. Entscheide, auf welchen Kanälen du veröffentlichen möchtest und welche Formate dafür am besten geeignet sind. Kanäle unterscheiden sich bei folgenden Eigenschaften: Seitenverhältnis, Videopreview, beste und maximale Videolänge, optimale Untertiteleinblendung (abhängig von der Tonaktivierung), Thumbnails (separat oder aus dem Video) und optimale Platzierung von Grafikelementen wie Logos und Bauchbinden.
Plattform | bestes Seitenverhältnis | beste Länge | max. Videolänge |
4:5 (Feed) 9:16 (Story/Reel) | 15–30 Sekunden | 60 Minuten (IGTV) | |
X | 16:9 1:1 | 15–30 Sekunden | 2 Minuten 20 Sekunden |
1:1 4:5 | 1–2 Minuten | 4 Stunden | |
YouTube | 16:9 9:16 (Short) | 4–8 Minuten | 12 Stunden |
TikTok | 9:16 | 15–60 Sekunden | 10 Minuten |
2:3 | 6–15 Sekunden | 15 Minuten | |
1:1 | 30 Sekunden | 10 Minuten |
Je nach Inhalt kannst du dasselbe Video in unterschiedlichen Formaten veröffentlichen. Du kannst auch entscheiden, auf bestimmten Kanälen nur Ausschnitte oder Highlights zu zeigen. Versuche Stärken verschiedener Kanäle zu verbinden (Instagram hat eine größere Community, YouTube-Videos sind stark bei Suchanfragen) und bewerbe fundierte Inhalte crossmedial.
Ein Beispiel: Für ein Interview mit Professor Volker Quaschning habe ich auf Instagram Fragen gesammelt und dort anschließend einzelne Antworten als Reels veröffentlicht. Das vollständige Interview (rund 50 Minuten lang) war auf YouTube zu sehen. Dort hat es seit Veröffentlichung über 40.000 Aufrufe erzielt, mit hoher durchschnittlicher Zuschauerzeit.
Schritt 2: Filmaufnahmen
Beim Drehen für unterschiedliche Formate gibt es einfache Regeln: Filme horizontal (16:9), wähle eine hohe Auflösung (4K) und achte auf einen großzügigen Bildausschnitt (Gesichter sollten zum Beispiel nicht in den oberen oder unterem 20 Prozent Bildausschnitt liegen). Wenn möglich, nimm B-Roll-Material sowohl horizontal als auch vertikal auf. Kameras wie die DJI Osmo Pocket 3 machen das besonders einfach.
Achte darauf, nicht zu stark zu zoomen, damit in der Postproduktion genug Material für Hochkantformate vorhanden ist (denke an die 20-Prozent-Balken oben und unten!). Schwarze oder milchige Balken bei Hochkantformaten sind unschön und vermeidbar. Briefe externe Kameraleute mit deinen Anforderungen.
Trick 1: Klebe eine durchsichtige Folie mit Markierungen auf den Touchscreen deiner Kamera, um den richtigen Bildausschnitt zu finden.
Trick 2: Verwende eine 360°-Kamera wie die Insta 360 X3. Damit gibt es keine blinden Flecken und du kannst Quer- und Hochformat aus denselben Szenen erstellen.
Schritt 3: Postproduktion
In der Postproduktion gibt es zahlreiche Tools, die das Erstellen verschiedener Videoformate erleichtern. Adobe Premiere erstellt beispielsweise automatisch Untertitel und wandelt Videos mit der Funktion Autoreframe schnell in andere Formate um. DaVinci Resolve und andere Tools verfügen über ähnliche Funktionen.
Du kannst dir wiederverwendbare Elemente als Essential Graphics (kleine Animationsprogramme in Premiere) erstellen oder dir Projektsequenzen anlegen, in die du später nur noch die Videodateien ziehst. So kannst du den Produktionsprozess effizient gestalten und verschiedene Formate einfacher erstellen.
Das Ergebnis könnte zum Beispiel so aussehen. Das Aktionsvideo unten erschien auf YouTube, Instagram und Facebook gleichzeitig. Insgesamt gab es rund 10 Varianten. Zum Beispiel hatten wir auch englische Versionen. Nach dem Schnitt der YouTube-Version (rund 4 Stunden Aufwand) haben die weiteren Varianten rund 1-2 Stunden zusätzlichen Zeitaufwand erfordert. Bildsichtung, Musikauswahl, Schnitte, Komposition musste nicht erneut gemacht werden.
Das klappt? Da ist noch viel mehr drin!
Ein Video in drei Formaten zu produzieren, ist ein erster Schritt. Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten: Variiere die Länge und Intros je nach Kanal oder integriere andere Medien wie Text, Fotos und Grafiken. Nutze das Untertitel-Skript, um einen Blogartikel zu erstellen oder ein Quiz für Instagram Stories. Zitate aus dem Video können für Texttafeln verwendet werden.
Du brauchst Inspirationen? Gute Beispiele sind Jan Böhmermann oder die Heute Show, die Material aus ihren Sendungen auf verschiedenen Social Media-Kanälen streuen. Die WDR-Wissensendung Quarks nutzt diverse Kanäle (Podcast, Newsletter, Social Media, YouTube, Webseite) und empfiehlt Inhalte crossmedial: Podcasts verweisen auf Hintergrundartikel der Webseite, YouTube-Videos auf Podcastsendungen uns so weiter. Das Comupterspielemagazin Gamestar diskutiert über aktuelle Themen auf Twitch. Anschließend werden die Sendungen auf YouTube und als Podcast veröffentlicht.
Es gibt viele Möglichkeiten, eine Multi-Channel-Produktion kreativ weiterzuentwickeln. Selbst mit begrenzten Ressourcen kannst du mit guter Planung bessere Videos für YouTube und andere Plattformen produzieren. Bei der Optimierung von Prozessen helfen dir zwei Fragen: Kann ich den Aufwand reduzieren, wenn die Qualität dieselbe bleibt? Kann ich die Qualität erhöhen, ohne dass der Aufwand steigt?
Ausblick
Eine gute Multi-Channel-Strategie erfordert nicht nur Planung, sondern auch Kreativität und Flexibilität. Mit den richtigen Werkzeugen und Techniken kannst du deine Videos effizient produzieren und an die jeweiligen Anforderungen der Plattformen anpassen. Denk daran, dass jede Plattform ihre eigenen Stärken hat – nutze sie zu deinem Vorteil. Durch eine durchdachte Planung und Umsetzung kannst du nicht nur deine Reichweite erhöhen, sondern auch eine treue Community aufbauen. Werden „Standardsituationen“ effizienter, entstehen Freiräume. Zum Beispiel zur Entwicklung von YouTube-Formaten. Viel Spaß dabei!